Arbeiterrevolution, eine Illusion oder objektive Realität?

Mohammad Reza Mortazawi, Generalsekretär der Industrie-, Bergbau-. Und Handelskammer der islamischen Republik sprach in einem TV Programm des iranischen Rundfunks über eine Zuspitzung der Gegensätze und der Diskriminierung in der iranischen Gesellschaft.

Angesicht der Diskriminierung und des wachsenden Drucks auf die Arbeiterinnen und Arbeiter   warnte er vor der Gefahr einer Arbeiterrevolution als das logische Resultat dieser Entwicklung. Er verwies auf einige Tatsachen wie die Kluft zwischen Armut und Reichtum, von Auspeitschen von Arbeitenden, die ihren Lohn fordern bis Lehrkräfte, die mit Armut konfrontiert sind, hin und sprach gleichzeitig über grenzenlose Korruption, die seit Ahmadinedschad öffentlich bekannt wurde und ununterbrochen fortgesetzt wird.

Er selbst stammt aus einer wohlhabenden Familie und gehört als Eigentümer mehrerer Unternehmen zu der herrschenden Kapitalistenklasse im Iran. Trotzdem sagt er, dass „die Aristokratie, die hier existiert, gibt es nirgends auf der Welt“. Er spricht über den Bau und Errichtung von Häusern und Palästen, denen gegenüber „die Paläste des Schah Nichts zu bieten hatten“. Er spricht die Wut der Arbeitenden, die sich in soziale Ressentiments umwandeln kann. Er warnt vor dem Tag, an dem die genannten Häuser und Paläste brennen werden.

Für ihn steht es zweifelsohne fest, dass die Menschen diese Situation nicht hinnehmen werden und die Verschärfung des Drucks und der Diskriminierung „zu einer Revolution, zu einer Arbeiterrevolution führen wird“.

Als Kapitalist und Bewunderer und Unterstützer der herrschenden Politik spürt er die Gefahr einer Arbeiterrevolution und warnt davor. Er empfiehlt alles zu tun, um dem entgegenzuwirken, bevor es zu spät ist, um die bestehende kapitalistische Ordnung zu retten.

Es ist nicht das erste Mal, dass Personen aus dem Regime und der herrschenden Klasse vor einer solchen Entwicklung warnen. Es ist wohl aber das erste Mal, dass eine Arbeiterrevolution als das logische und unmittelbare Resultat dieser Entwicklung angesprochen wird. Diese Schlussfolgerung ist natürlich das Ergebnis der aktiven Präsenz der iranischen Arbeiterklasse während der Streiks, Proteste und Demonstrationen der letzten Jahre, vor allem seit Anfang 2018.

Der Slogan der linken und kommunistischen Studentenschaft, der eine Absage an beide Flügel des Regimes (Fundamentalisten und Reformisten) enthielt, hat sich überall und bei allen Protesten landesweit durchgesetzt. Dadurch wurde klar, dass es den Arbeiterinnen und Arbeitern und allen Werktätigen um eine Generalabrechnung mit der bestehenden kapitalistischen Ordnung geht.

Der Slogan der Arbeiterklasse „Brot, Arbeit, Freiheit, Verwaltung durch Räte“ ließ für die herrschende Klasse und alle anderen Befürworter der bestehenden Ordnung keinen Zweifel daran, dass die iranische Arbeiterklasse eine Abrechnung mit dem Regime der islamischen Republik und der gesamten kapitalistischen Ordnung anstrebt. Die Räte als Alternative der Arbeiterklasse fand eine große Resonanz. Die Angst der Bourgeoisie vor dieser Entwicklung kam in der brutalen Unterdrückung, Verfolgung, Inhaftierung und Folterung der Vertreterinnen und Vertreter der Arbeiterschaft von Haft Tapeh zum Ausdruck.

Die darauffolgenden Ereignisse wie die Kundgebung zum 1. Mail 2019 vor dem Parlamentsgebäude und die aktive Präsenz und Rolle der Arbeiterbewegung bekräftigen die Einschätzung, dass die Arbeiterklasse die bestimmende Kraft jeglicher revolutionären Umwälzung ist. Darüber hinaus ist die kommende iranische Revolution eine Arbeiterrevolution zur Zerschlagung der bestehenden Ordnung und die Errichtung einer Räteregierung.

Politische Turbulenzen der vergangenen Jahre erreichten beim Aufstand von November 2019 ihren Höhepunkt. Hunderttausende gingen landesweit auf die Straßen und aus Protest gegen die Verteuerung des Benzinpreises führten sie einen offenen und direkten Kampf gegen das Regime.

Zahlreiche Einrichtungen der Unterdrückungsorgane wie Zentren von Revolutionsgarden, Polizei sowie Basij wurden in Brand gesetzt. Außerdem wurden Zentren für religiöse Aberglauben sowie einige Banken und Finanzinstitute in Brand gesetzt. Die wütenden Protestierenden wollten damit ihre Abscheu und tiefen Hass gegen die kapitalistische Ordnung sowie das religiöse Regime zum Ausdruck bringen.

Diese Situation zeigte aber auch, dass alle notwendigen objektiven Bedingungen für eine Revolution vorhanden sind.

Das verbrecherische Regime der islamischen Republik ging sehr brutal gegen diesen Aufstand vor. Es sind mindestens 1500 Aufständische ermordet und ca. 10000 festgenommen und inhaftiert worden. Die blutige Niederschlagung dieses Aufstandes bedeutet keine Rettung der bestehenden Ordnung. Das wird auf Dauer den im Januar 2018 begonnen Prozess nicht stoppen können.

Die Corona-Pandemie gleicht ein lang ersehntes himmlisches Geschenk für das Regime und führte, auch wenn kurzzeitig, zu einer Unterbrechung in diesem Prozess. Das konnte jedoch nicht lange andauern. Proteste und Kämpfe der Menschen gegen Trinkwasserknappheit in einigen Provinzen und vor allem die Streiks und Demonstration von über 3500 Arbeiterinnen und Arbeitern der Kohlebergwerke in Provinz Kerman zerschlugen alle durch die Corona-Pandemie entstandenen Hindernisse.

Aktuell existieren alle Faktoren und Bedingungen, auf deren Grundlage es zu dem Aufstand von November 2019 kam. Arbeiterstreiks und Demonstrationen sind vorhanden. Zahllose Krisen des politischen Regimes und der kapitalistischen Ordnung sind teilweise tiefer und intensiver als zuvor vorhanden. Der Widerspruch zwischen der herrschenden Klasse und der Arbeiterklasse und anderen Werktätigen hat ein Niveau erreicht, so dass jedes Ereignis zu einer Explosion führen kann.

Die revolutionäre Epoche, die im Januar 2018 begann, wird weiter fortgesetzt. Der Aufstand und die Revolution sind keine Illusion, sondern eine objektive und reale Möglichkeit, die die bestehende Ordnung bedroht.

Genau aus diesem Grunde warnen alle Verteidiger dieser Ordnung sowie Kapitalisten öffentlich vor der drohenden und unausweichlichen Arbeiterrevolution.

Artikel aus Kar 872; Juni 2020