Geheimdiplomatie und unterwerfende Verträge

Das 25-jährige  Kooperationsabkommen zwischen der islamischen Republik und der chinesischen Regierung wurde am 27.03.2021 von Außenministern beider Länder unterzeichnet. Der Inhalt des Vertrages wurde bislang geheim gehalten. Die islamische Republik hat offen erklärt, dass die Bedingungen sowie der Inhalt der Vereinbarungen vertraulich bleiben.

Die Frage, warum sich die islamische Republik trotz Proteste und die Ablehnung des Vertrages durch die Bevölkerung vehement weigert, das Abkommen zu veröffentlichen?

Zunächst halten wir fest, dass die Geheimdiplomatie die Grundlage der Diplomatie der kapitalistischen Staaten in der Außenpolitik und in den Beziehungen zu anderen Staaten bildet. Es geht hierbei um konkrete Klasseninteressen der Kapitalisten. Überall wird für die Rechtfertigung dieser Politik dieselbe Begründung verwendet “Sicherheitsgründe”, “Interessen des Landes” ‘ “Überlegungen und Bedenken des anderen Landes”…. sind nur wenige Beispiele. Diesem Phänomen begegnen wir überall in der kapitalistischen Welt unabhängig von der Regierungsform.

In der islamischen Republik, in der die Tyrannei und Rechtlosigkeit des Volkes eine neue Dimension erreicht hat, gibt es keinerlei Einschränkungen für die Geheimdiplomatie. Es gibt weder politische Freiheiten noch  Pressefreiheit. Einige Wenige, angeführt von Khamenei, treffen die wichtigsten Entscheidungen und setzen sie durch Geheimdiplomatie um. Daher hat die iranische Bevölkerung keine Kenntnis davon, was hinter den Kulissen beschlossen wird.

Das gilt auch für das Kooperationsabkommen mit China. Internationale Presse hat Teile dieses Vertrages und ihre geheimen Bestimmungen entlarvt. In der Tat handelt es sich dabei um ein bilaterales Abkommen, deren Bestimmungen für beide Parteien verbindlich sind. Aus Angst spricht das Regime der islamischen Republik von einem “Roadmap”, damit der Vertrag nicht einmal dem iranischen Parlament vorgelegt werden muss. Das Regime befürchtet, dass der Inhalt des Vertrages durch die vorhandenen Rivalitäten veröffentlicht werden könnte.

Wir haben im vergangenen Jahr in einem anderen Artikel diese Frage behandelt. Als eine neue und aufstrebende imperialistische Macht ist China bemüht, die Märkte der rivalisierenden imperialistischen Mächte für den Export von Waren und Kapital zu erobern.

Der Iran mit mehr als 80 Millionen Einwohnern, reich an natürlichen und unterirdischen Ressourcen, billigen Arbeitskräften und einem lukrativen Markt für China ist ein solches Beispiel.

Dieses Abkommen, soweit bekannt, umfasst die Bereiche Politik, Sicherheit, Verteidigung, Kultur, Landwirtschaft, Wissenschaft, Tourismus, Erdöl und Energie, Telekommunikationsinfrastruktur, Kommunikationstechnologie, Handel, Gesundheit,….

Es liegt auf der Hand, dass wenn ein bankrottes, reaktionäres Regime ein derart umfassendes Abkommen mit einer imperialistischen Weltmacht unterzeichnet, kann es sich nur um einen unterwerfenden Vertrag handeln. Daher traut sich ein solches Regime nicht, den Inhalt offenzulegen.

Der Vertrag soll ein Investitionsvolumen von 400 Milliarden US-Dollar durch China enthalten. Ein großer Teil soll in der Erdöl- und Erdgasindustrie investiert werden. Im Gegenzug soll China ein Preisnachlass von 32% gewährt werden. Für neue Projekte sollen chinesische Unternehmen bevorzugt werden. Außerdem sind große Infrastrukturprojekte geplant.

Die Eroberung des iranischen Marktes impliziert auch politische, militärische und sicherheitspolitische Unterstützung für das reaktionäre Regime der islamischen Republik.

Das Abkommen umfasst daher politische, militärische und sicherheitspolitische Zusammenarbeit, die Entsendung von mehreren tausend chinesischen Experten und Beratern in den Iran. Das soll die Streitkräfte der islamischen Republik stärken im Bezug auf die Ausbildung, Transfer von militärischen Technologien, Waffen. Es sind gemeinsame militärische Aktionen vorgesehen.

Die islamische Republik soll Zugang zu Technologien für die Überwachung und Kontrolle der Bevölkerung erhalten, darunter auch Technologien, um den Internetzugriff und den Zugriff auf soziale Medien zu unterbinden.

Davon abgesehen ist die iranische Bourgeoisie Chinas Partner bei der Ausbeutung von iranischen Arbeiter:innen und wird auf diesem Wege große Gewinne erzielen.

Die gesamte iranische Kapitalistenklasse profitiert materiell nicht gleichermaßen von diesem Abkommen. Ein Teil der iranischen Bourgeoisie sieht ihre Interessen durch den Ausbau von Beziehungen zu Europa und den USA und den Waren- und Kapitalexport aus diesen Ländern gewährleistet. Aus diesem Grunde hören wir unterschiedliche Stimmen, die diesen Vertrag ablehnen sowohl im Inland wie auch im Ausland.

Ihre Ablehnung hat jedoch mit den Interessen der iranischen Arbeiter:innen und Werktätigen nichts zu tun.

Es geht um ihren eigenen Vorteil und Interessen. Unter Schah könnten sie einen Vertrag mit den USA abgelehnt haben.

Außerdem wollen sie das Abkommen veröffentlichen, weil sie gegen China eingestellt sind. Sie werden niemals die Geheimdiplomatie als solche ablehnen. Ihre Zustimmung oder Ablehnung hängt mit ihrem Gewinn und Verlust zusammen.

Aus der Sicht der iranischen Arbeiterklasse verfolgen die inländische sowie ausländische Bourgeoisie dasselbe Ziel und zwar sie auszubeuten. Es spielt dabei keine Rolle, ob sie Partner von den USA, Europa, China oder Russland sind .

Die Organisation der Fadaian (Aghaliyat), die die Interessen der iranischen Arbeiterklasse verteidigt und aus der Position dieser Klasse die allgemeinen Interessen der Werktätigen verteidigt, hat in ihrem Programm ausdrücklich erklärt, alle unterjochenden imperialistischen Verträge zu annullieren und offenzulegen. Die Geheimdiplomatie muss ebenfalls abgeschafft werden, damit die Öffentlichkeit über alle Beziehungen, Diskussionen, Verhandlungen, Verträge und Abkommen mit anderen Staaten informiert ist.

Artikel aus KAR Nummer 914, erschienen am 04.04.2021