Der Versuch des chinesischen Imperialismus, den iranischen Markt zu erobern

Ein Merkmal des Kapitalismus während der Herrschaft von Monopolen und Finanzkapital ist der Kapitalexport in andere Länder, vor allem unterentwickelte Länder, um neue Märkte für mehr Profit zu erschließen und die Widersprüche der Kapitalakkumulation zu lösen. Daher kann die Analyse des Abkommens zwischen der islamischen Republik und der chinesischen Regierung, das als Dokument für 25 Jahre strategische Zusammenarbeit zwischen Iran und China bezeichnet wird, in diesem Rahmen durchgeführt werden.

Auf einer Kabinettsitzung wurde der iranische Außenminister damit beauftragt, das Dokument mit der chinesischen Seite abschließend zu besprechen und zu unterzeichnen. Das Regime der islamischen Republik räumt den Menschen im Iran keinerlei Rechte ein. Daher steht Geheimdiplomatie auf seiner Tagesordnung. Dasselbe gilt auch für das sog. Dokument für umfassende strategische Zusammenarbeit mit China. Außerhalb der herrschenden Banden weiß niemand, was genau in diesem Dokument enthalten ist.

Die Nachricht darüber hatte große Resonanz im Iran und im Ausland und rief unterschiedliche Reaktionen hervor. Die iranische Bevölkerung will eine Offenlegung dieses Dokuments sowie alle damit zusammenhängenden geheimen Vereinbarungen.

Die Staatsorgane der islamischen Republik behaupten, dass dieses Dokuments nichts Geheimes enthält, weigerten sich jedoch, über den Inhalt und Bestimmungen des Dokumentes etwas zu sagen. Selbst die in den ausländischen Medien veröffentlichten Teile des Dokumentes wurden vom Außenamtssprecher als Fake bezeichnet. Er sagte darüber hinaus, dass „sobald eine Einigung erzielt wird, wird sie gleich bekannt gegeben werden“.

Der stellvertretende Außenminister für Rechtsfragen und internationale Angelegenheiten verwies auf die Bedenken der chinesischen Seite. Auch der Leiter der chinesisch-iranischen Handelskammer wiederholte im Grunde dasselbe und verteidigte die Geheimhaltung der Bestimmungen des Abkommens.

Die Pahlavi Dynastie und vor ihnen die Qajar Dynastie verwendeten dieselbe Vokabular, wenn es um unterjochende Verträge mit anderen Staaten ging. Auch damals war die „Geheimhaltung unerlässlich“ und man nahm ebenfalls „Rücksicht auf die Bedenken der anderen Seite“. Auch damals erfuhren die Menschen im Iran nichts über den Inhalt und die Bestimmungen solcher Verträge und Abkommen.

Die Tasnim News Agency, die den Revolutionsgarden nahesteht, befürwortet diesen Vertrag und meint, dass es mehr Potential für die Zusammenarbeit mit China vorhanden sei. Die Unterstützung durch China in UN-Sicherheitsrat und der internationalen Atomenergiebehörde sollen ebenfalls ein Resultat dieser Zusammenarbeit sein.

Im vergangenen Jahr berichtet die Petroleum Economist, erschienen in London, dass auf der Grundlage dieses Vertrages China 280 Mrd.  US-Dollar in der Erdöl- und Erdgasindustrie und weitere 120 Mrd. US-Dollar im iranischen Transportwesen und Infrastruktur investieren wird.

Im Gegenzug erhält China auf Öl, Gas und sonstige petrochemische Produkte einen Preisnachlass von 32%. Außerdem wird China eine zweijährige Zahlungsverzögerung gewährt. Die chinesische Seite kann in der eigenen Währung zurückzahlen. Zwei Drittel wird bar bezahlt und ein Drittel in Waren und Dienstleistungen. Chinesische Unternehmen werden bei anstehenden Projekten ohne Ausschreibung bevorzugt. Ferner sollen 5000 chinesische Sicherheitskräfte im Iran stationiert werden.

Aus allen bislang vorliegenden Informationen geht hervor, dass es sich hierbei um ein umfassendes Abkommen für alle Bereiche der Wirtschaft, Industrie, Öl und Energie, Landwirtschaft, Fischerei, Wasserwirtschaft, Banken und Versicherungen, Handel, Telekommunikationsinfrastruktur, Informations- und Telekommunikationstechnologie, … sowie Politik, Militär und Kultur handelt.

Für China geht es eigentlich um Investitionen in Erdöl, Erdgas und Petrochemie. Es soll sicherstellen, dass der Bedarf Chinas nach Erdöl gedeckt und eine stabile Versorgung gewährleistet wird.

Ein genauerer Blick auf diesen Vertrag und seine Bestimmungen sowie die Umstände seines Zustandekommens zeigen, dass chinesische Konzerne durch ihre Investitionen die gesamte iranische Wirtschaft unter ihre Kontrolle bringen werden. Gemeinsam mit der iranischen Kapitalistenklasse werden sie durch die brutale Ausbeutung der iranischen Arbeiterklasse, begünstigt durch niedrige Löhne, sowie die Ausplünderung der Ressourcen und Reichtümer Irans, unvorstellbare Gewinne erzielen.

Es ist klar, dass auf wirtschaftliche Dominanz, politische und militärische Dominanz folgen werden. China verfolgt durch diesen Schritt größere wirtschaftliche und politische Ziele zur Kontrolle der Märkte in der gesamten Region.

Bürgerliche und nationalistische Rivalen der islamischen Republik stellen die ganze Zeit lediglich die Frage, ob die Insel Kish an China abgetreten wurde oder nicht? Ob 5000 chinesische Sicherheitskräfte ins Land kommen oder nicht?

Wenn alle Bereiche der Wirtschaftstätigkeit eines Landes China übergeben wird, dann geht es nicht mehr um den einen oder anderen Hafen oder Insel. Es geht nicht mehr um 5000 Sicherheitskräfte. Es werden Tausende Chinesen als Arbeitskräfte, Spezialisten sowie Sicherheitskräfte mit den Investitionen ins Land kommen. Überall im Iran, wo chinesische Unternehmen tätig sind, leben und arbeiten ebenfalls Tausende chinesische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger.

Wenn militärische Zusammenarbeit vereinbart wird, werden chinesische Militärbasen, chinesische Waffen und chinesische Militärberater ins Land kommen. Damit ist klar, dass der Iran in umfassender Form von China abhängig sein wird.

Die bürgerlich-nationalistische Opposition der islamischen Republik, die sowohl im Iran wie auch im Ausland vertreten sind, wie die Monarchisten, Republikaner und Nationalisten sind deshalb gegen den Vertrag mit China, weil sie sich den westlichen imperialistischen Mächten näher fühlen. Denn sie haben weder ein Problem mit dem Kapitalexport in den Iran noch mit unterjochenden Verträgen. Von westlichen Imperialisten erhoffen sie sich Zuwendungen. Wären dieselben Vereinbarungen mit den USA oder Europa getroffen worden, wäre es für sie kein Problem. So war es unter Schah und nach dem „Atom Deal“. Es gab auch damals umfangreiche Zugeständnisse an europäischen und amerikanischen Unternehmen, die vor allem in Erdöl-, und Erdgasindustrie investierten. Es geht hierbei nur darum, welche räuberische imperialistische Macht den iranischen Markt dominieren sollte.

Die Befürworter dieses Abkommens sprechen von Vorteilen des chinesischen Kapitalexports, die zum Fortschritt des Landes und zum Wohl der Menschen beitragen würde. Die Befürworter der amerikanischen oder britischen Vorherrschaft nutzten dieselben Argumente. Das Ziel von Kapitalexport ist jedoch der maximale Profit. Deshalb wird auch in den Bereichen investiert, die am schnellsten diesen Profit erzielen lassen. Investitionen in der Industrieproduktion dienen nur dem Ziel, durch minimale Kosten Produkte in andere Märkte zu exportieren und das auch noch in Form von Montageindustrie. Es überrascht nicht, dass 100 Jahre nach der konstitutionellen Revolution und 50 Jahre seitdem die kapitalistische Produktionsweise im Iran vorherrscht, Erdöl immer noch die dominierende Rolle in der iranischen Wirtschaft spielt. Selbst für die Produktion von primärsten Industrieprodukten müssen Rohstoffe und Zwischenprodukte importiert werden.

China als eine imperialistische Macht verfolgt vom Kapitalexport in den Iran lediglich das Ziel, den iranischen Markt gegen amerikanische und europäische Wettbewerber zu erobern und große Gewinne zu erzielen. Auch China investiert seit mehreren Jahren in einigen afrikanischen Ländern. Das hat nur zur Ausbeutung und Ausplünderung dieser Länder beigetragen. Es gibt weder Fortschritt in diesen Ländern, noch geht es den Menschen dort besser.

Beim Abkommen zwischen der islamischen Republik und China geht es aber darüber hinaus. Bei militärischer Zusammenarbeit kommen neue ernstzunehmende militärische Gefahren auf die iranische Bevölkerung zu.

Der Kampf von imperialistischen Mächten um die Weltmärkte und ihre Neuverteilung haben in vergangenen 100 Jahren zu zwei Weltkriegen und hunderten regionalen Kriegen und Konflikten geführt. Das ist weder abgeschlossen noch gehört es der Vergangenheit an. Auch im 21. Jahrhundert ist die Situation in der Welt ähnlich wie zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Die Widersprüche zwischen den imperialistischen Mächten haben sich verschärft. Die Konflikte zwischen den USA und China haben inzwischen zu einem Handelskrieg geführt.

Die Aufteilung der Märkte und Länder unter den großen Mächten ist nicht endgültig. Die Ära der Dominanz des Finanzkapitals ist begleitet von zunehmenden Ungleichgewichten und Widersprüchen in der Weltwirtschaft. Ungleiches Wirtschaftswachstum, Unterschiede in der Entwicklungsgeschwindigkeit und im Wachstum verschiedener Länder führen zu Veränderungen in der wirtschaftlichen und politischen Macht der Monopole verschiedener Länder. Dadurch ändert sich das Kräfteverhältnis. Einige sind geschwächt und andere gestärkt. In diesem Prozess verschärfen sich der Kampf und die Widersprüche zwischen den imperialistischen Mächten.

Die stärkeren Länder und Monopole versuchen die Märkte an sich zu reißen und eben diese Verschärfung der Gegensätze kann zu Kriegen und Weltkriegen führen, wodurch die Märkte erneut aufgeteilt werden. Bis zum zweiten Weltkrieg kontrollierte Großbritannien einen Großteil der Weltmärkte. Nach dem zweiten Weltkrieg übernahmen die USA diese Rolle und entwickelte sich zu einer Weltmacht. Seit Ende des 20 Jahrhunderts schwächt sich die wirtschaftliche Macht der USA ständig ab. Der US-Imperialismus befindet sich heute dort, wo sich Großbritannien in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts befand. Die USA hat bereits ihre hegemoniale Rolle verloren. Im Gegenzug hat sich die Position des imperialistischen Blocks der EU verbessert.

Noch wichtiger ist jedoch die Rolle und die Position Chinas als eine neue, junge und aufstrebende imperialistische Macht, die die Rolle der USA übernehmen will. Bis in 2020 wird das BIP Chinas nach Kaufkraftbereinigung 28 Billionen US-Dollar erreichen. Die USA wird bei 20 Billionen und die EU bei 18 Billionen US-Dollar liegen.

Chinas Auslandsinvestitionen erreichten bis 2017 etwa 500 Milliarden US-Dollar, während dies bei den USA 6 Billionen US-Dollar und bei EU bei 2,181 Billionen Euro lag. Das zeigt die vorhandenen Einschränkungen für Chinas Kapitalexporte. China versucht nun, im Hinblick auf seine wirtschaftliche Stärke neue Märkte für Kapitalexport zu erschließen, wie das Abkommen mit der islamischen Republik zeigt.

Das enorme Wachstum der chinesischen Wirtschaftsmacht wird eine Veränderung der internationalen politischen und militärischen Position Chinas nach sich ziehen. Deswegen baut China sein Militär rasch aus und seine Militärausgaben wachsen ständig.

Es ist nicht klar, wie der US-Imperialismus mit seiner degradierten Rolle umgehen wird. Es ist aber davon auszugehen, dass amerikanische und europäische Monopole nicht einfach zusehen werden, wie China Märkte übernimmt, die stets von ihnen beherrscht wurden. Dieser Konflikt kann unter bestimmten Bedingungen auch militärisch ausgetragen werden.

Ein solcher Krieg wird für die kleinen und schwachen Länder, die einer dieser imperialistischen Blöcke eingetreten sind, katastrophale Folgen haben. Besonders im Nahen Osten und am Persischen Golf, der sich zu einem Pulverfass entwickelt hat. Das ist eine mögliche Entwicklung, die durch das Abkommen zwischen China und islamische Republik eintreten kann.

Wir sollten nicht vergessen, dass die Intrigen des Reza Khan mit Hitlers faschistischem Regime Grund genug waren , damit  der Iran während des zweiten Weltkrieges von Alliierten besetzt wurde, obwohl Reza Khan Neutralität beschwor.

Egal wie wir das iranisch-chinesische Abkommen betrachten, verstößt es gegen die Interessen der iranischen Arbeiterinnen und Arbeiter und der werktätigen Massen und muss nachdrücklich verurteilt und abgelehnt werden.

Die Organisation der Fadaian (Aghaliyat), die die Interessen der iranischen Arbeiterklasse und von der Position dieser Klasse die Interessen aller Werktätigen des Iran verteidigt, lehnt grundsätzlich die Geheimdiplomatie ab und verurteilt alle unterjochenden Vereinbarungen und Verträge, einschließlich die Verträge der islamischen Republik mit China.

Das Regime der islamischen Republik versucht mit Hilfe des chinesischen Imperialismus die bankrotte kapitalistische Ordnung und sich selbst zu retten. Die Organisation der Fadaian (Aghaliyat) ruft alle iranischen Arbeiterinnen und Arbeiter und alle Werktätigen auf, dieses Unterdrückungsregime sofort zu stürzen und im Iran eine Räteregierung zu errichten.

Artikel aus KAR;  Nr. 878; Juni 2020