Die aktuelle Krise, schwerwiegender als vor einem Jahrzehnt
Das weltweite kapitalistische System hat seit Jahren durch aufeinanderfolgende ökonomische, soziale und politische Krisen sein Bankrott offenbart. Es hat gezeigt, dass das Zeitalter dieses maroden und verfaulten Systems bereits vorüber ist. Es muss durch eine sozialistische Ordnung ersetzt werden, die auf freien und gleichen Menschen beruht.
In der aktuellen Coronavirus-Pandemie, während weltweit Tausende Menschen erkranken oder gar sterben und die Weltwirtschaft stillsteht, wurde dies besonders deutlich. Es ist eine Tatsache, dass die Menschheit in der auf Klassen, auf Profit und Ausbeutung beruhende kapitalistische Ordnung ausser Tod, Armut und Elend, Arbeitslosigkeit, Krieg, Vertreibung, ansteckende Krankheiten, Angst und Perspektivlosigkeit nichts anderes erwartet.
Die Folgen der großen Krise vor einem Jahrzehnt sind noch vorhanden, während mit der Coronavirus Pandemie die kapitalistische Ordnung mit einer schwerwiegenden, tiefgreifenden Krise konfrontiert wurde.
Bereits Ende 2018 war festzustellen, dass die kapitalistische Welt bald mit einer neuen Wirtschaftskrise konfrontiert sein wird. Aufgrund des Rückgangs der Wachstumsraten in den wichtigsten kapitalistischen Ländern, sagten der IWF und andere internationale Finanzinstitute die kommende Krise ab Ende 2019 voraus.
In IWF – Bericht von April 2019 steht:” die wirtschaftliche Aktivität ist im zweiten Halbjahr 2018 zurückgegangen. Chinas Wachstum ging unter dem Druck von Handelskrieg und Bankenkontrolle zurück und der Euroraum hat an Dynamik verloren”.
Die Einschätzung des IWF war, dass das Wachstum des BIP in den entwickelten kapitalistischen Ländern, das 2018 auf 2,2% zurückging, im Jahre 2019 bei etwa 1.8% liegen wird. Dabei geht das Wachstum in der EU von 1,8% auf 1,3% und in den USA von 2,9% auf 2,3% zurück. Die BIP-Wachstumsrate in Japan wurde ein Prozent und in China 6,5 Prozent betragen.
Der OECD-Berichtet über globale Schulden stellt fest, dass diese ein Drittel über 2008 sind und das Dreifache des weltweiten BIP übersteigen. Sie betrugen 2018 ca. 193 Trillionen Dollar, was 318 Prozent des weltweiten BIP entspricht.
Diese Schulden werden in dem Bericht nicht nur als ein großes finanzielles Risiko bewertet, sondern auch als eine Quelle für die Anfälligkeit während des wirtschaftlichen Abschwungs.
Unabhängig von der Coronavirus Pandemie war der Ausbruch der neuen Krise unvermeidbar. Corona hat lediglich diesen Prozess beschleunigt und gab ihm neue Dimensionen. Zeitgleich stürzten die Börsenkurse zuerst im Februar und in einer zweiten Runde dann im März ab.
Die FED, die die Zinsen auf Null Prozent reduziert hatte, gab ein Konjunkturprogramm in Höhe 700 Milliarden Dollar bekannt. In darauffolgenden Schritten sollen die Anleihen von US-Unternehmen in Höhe von 1500 Milliarden Dollar aufgekauft werden. Dieser Betrag kann u. U. auf 4000 Milliarden Dollar erhöht werden.
Donald Trump hat ein Hilfspaket von 2000 Milliarden Dollar in Kongress und Senat verabschieden lassen, um eine Rezession abzuwenden. Dabei sind 350 Mrd als Kredit für kleine Unternehmen, 500 Mrd für Fluggesellschaften und andere Unternehmen vorgesehen. Für Familien gibt es 1200 Dollar (sog. Helikoptergeld) und für jedes 500 Dollar, um damit den Aufschwung zu fördern.
Der erhoffte Effekt ist ausgeblieben und die mächtigste Wirtschaft der Welt befindet sich in einer Rezession. 3,2 Millionen (aktuell über 6 Millionen) Menschen haben in den USA Arbeitslosengeld beantragt. Allein in der Gastronomie wird mit 7 Millionen Arbeitslose gerechnet.
US-Ökonomen haben einen Rückgang des BIP im zweiten Quartal 2020 auf ca. 24 Prozent vorhergesagt. Wenn es sich bewahrheitet, dann wird der Schaden für die US-Wirtschaft das Dreifache von 2008 betragen.
Analysten bewerten diese Krise als die schwerste seit dem zweiten Weltkrieg.
Den europäischen Wirtschaftsmächten wie Deutschland geht es nicht besser. Ein Rettungspaket in Höhe von 550 Milliarden Euro für deutsche Unternehmen wurde sofort beschlossen. Das deutsche Wirtschaftsministerium geht von einem Rückgang des BIP auf ca. 5 Prozent fürs laufende Jahr aus und sieht das Land mit einer stärkeren Rezession seit der Finanzkrise von 2008 konfrontiert.
Das Münchener IFO Institut beziffert den wirtschaftlichen Schaden bei ca. 729 Mrd Euro. Sollte der Shutdown der wirtschaftlichen Aktivität drei Monate dauern, würde der Schaden zwischen 354 bis 729 Mrd Euro betragen und das BIP wurde 10 bis 21 Prozent zurückgehen.
Die Situation in anderen europäischen Ländern ist noch schlimmer. Die EZB hat 750 Mrd Euro, Frankreich 345 Mrd Euro, England 330 Mrd Pounds und die G20 Länder Hilfspakete in Höhe 5 Trillionen Dollar vorgesehen.
Der IWF, der von einer Rezession ausgeht, fordert ein Hilfspaket von 2,5 Trillionen Dollar für die Schwellenländer wie Brasilien.
Auch in Asien sind die wichtigsten Länder mit einer ernsthaften Wirtschaftskrise konfrontiert.
In China ging das BIP in den ersten zwei Monaten des Jahres auf 13 Prozent und der Export auf 16 Prozent zurück. Die Situation in Südkorea und Japan ist auch die trotz großer staatlicher Finanzpakete zur Rettung der Wirtschaft ähnlich.
In den Ländern wie Thailand und Singapur, wo Tourismus eine entscheidende Einnahmequelle ist, handelt es sich um erhebliche Verluste. Auch für Erdölexportierende Länder ist die Situation durch die Senkung des Ölpreises auf ca. 30 Dollar je Barrel ähnlich.
Die aktuelle weltweite Krise des Kapitalismus hat eine Reihe unmittelbarer Folgen, darunter für Arbeiterinnen und Arbeiter in einem größeren Ausmaß als vor einem Jahrzehnt. Diese Krise bedeutet für Millionen Arbeitslosigkeit, Verlust von Kaufkraft, Senkung des Lebensstandards und Ausweitung von beispielloser Armut.
Es ist darüber hinaus klar, dass es zu einer Veränderung in der internationalen Wirtschaftspolitik der Kapitalistenklasse kommen wird. Vor einem Jahrzehnt wurde durch die Krise das Scheitern von Globalisierung und neoliberaler Wirtschaftspolitik offengelegt. Heute ergreifen Regierungen Maßnahmen, die dieser Politik zuwiderlaufen. Sie sind gezwungen, bankrotte Produktions- und Dienstleistungsunternehmen zu verstaatlichen. In Italien übernahm der Staat die größte Airline des Landes. In Spanien hat die Regierung die öffentliche Gesundheitsversorgung verstaatlicht. Auch in Frankreich und Deutschland will der Staat krisengeschüttelte Unternehmen ohne oder mit geringer Überlebenschance übernehmen.
Die Corona-Krise hat zu mehr Konzentration aufs Inland geführt und die Rolle des Staates und auch nationalistische Tendenzen verstärkt. Durch diese Krise werden weitere Länder den Weg von den USA und England einschlagen.
Die EU war nicht einmal in der Lage, eine gemeinsame Politik in Umgang mit der Corona-Krise und ihren Kosten zu beschließen. Der französische Präsident warnt bereits vor der Gefahr des Zusammenbruchs der EU. Die Konfrontation zwischen den Staaten wird zunehmen. Die größten Gewinner von Globalisierung und Neoliberalismus werden am meisten unter jeglicher Änderung dieser Politik leiden.
Das Ergebnis aktueller Veränderungen wird eine Verschärfung von Widersprüchen und Konflikten zwischen den Staaten sein.
Die Coronavirus-Pandemie und die damit verbundene Wirtschaftskrise führen zu ernsthaften Folgen für die Arbeiterklasse in den einzelnen Ländern und weltweit. Die Verschärfung des Widerspruches zwischen Arbeit und Kapital, die Ausweitung des Klassenkampfes in den entwickelten kapitalistischen Ländern, der Aufstand der Hungernden in Entwicklungsländern, die am meisten unter den Folgen dieser Krise leiden, sind eben die Folgen dieser Krise.
Der Kapitalismus verfügt über keine Lösung für diese Widersprüche und Krisen. Allein die Errichtung einer sozialistischen Ordnung ist ihre einzige endgültige Lösung.
Artikel aus KAR Nummer 863, Organ der Organisation der Fadaian (Aghaliyat), erschienen am 30.03.2020